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Cuba based rap duo, Zona Franka, blends traditional rhythms with the grit and swagger of hip-hop and rap vocal phrasings. Their clever shout choruses create instant tropical dance classics using their unique self-titled "changui con flow" style.
Authentic Latin Music Catalog for SYNC - TV & Film Music

Discography - Tremendo Delirio - German

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1997 - Tremendo Delirio
von Kevin Moore ©2002
Übersetzung durch Thomas Voirol 2002

Der Schauplatz: Havanna im Jahre 1997

1997 hatte die Timba-Szene in Havanna den Siedepunkt erreicht. Eine neue Generation von Musikern hatte die Innovationen von NG La Banda und Charanga Habanera einbezogen und integriert und eine aufregende Aufstellung neuer Gruppen war aufgekommen. Die Gruppe von Issac Delgado hatte sich von NG abgespalten und Klimax wieder später von Issac. Die Entdeckung aus NG, Manolín "El Médico de la Salsa" González, hatte eine brillante neue Gruppe zusammengestellt. Die kreativsten Mitglieder der älteren Bands hatten begonnen, auf eigene Faust loszulegen - von Dan Den und Opus 13 kamen Pablo Fernández und Juan Ceruto und bildeten Paulito FG y su Élite; von Pachito Alonso kamen Lázaro Valdés und Vannia Borges, um Bamboleo zu bilden; von Maravilla de Florida kam Manolito Simonet und bildete Manolito y su Trabuco; von Los Van Van kam eine neue und noch mächtigere Los Van Van, ausgestattet mit Ex-Mitgliedern von Pachito Alonso (Roberto Hernández), Issac Delgado (Boris Luna und Samuel Formell) und Charanga Habanera (Pedrito Fajardo). Und aus den Konservatorien strömten Heerscharen brillanter, hochqualifizierter und höchst motivierter junger Musiker wie Mayito Rivera, Joel Paez, Joel Domínguez, Alain Pérez, Ivan Melón González, Sergio Noroña und so viele mehr -- mehr als genug, um jede dieser neuen Bands zu einem Kraftwerk voller Stars zu machen. Diese jungen Spieler liessen sich inspirieren durch die Möglichkeit, der Armut der "Speziellen Periode" zu entkommen, durch den intensiven Konkurrenzkampf um Arbeit und durch die rohe Kraft und Originalität der Musik selbst. Sie waren grossspurig und selbstbewusst, aber hungrig und willig, Stunden um Stunden zu üben und ihre eigenen beachtlichen kreativen Kräfte hineinzustecken, um jedes musikalische Arrangement zu einer inspirierten gemeinsamen Leistung zu machen.

Diese Gruppen stiessen ein brillantes Musikstück nach dem anderen aus, und in der eng zusammengewachsenen, äusserst regionalistischen Stadt Havanna führte ihre gegenseitige Nähe zu der Art von kreativem Fressrausch, der schon so manche grossartige musikalische Bewegung in der Geschichte ausgezeichnet hat. Sie spornten einander an, grossartigere Musik zu kreieren, als irgend einer von ihnen sich sonst hätte vorstellen können und die Begeisterung war ansteckend. Es gab eine sehr starke Wahrnehmung, dass die Timberos gemeinsam eine gewaltige und scheinbar unerschöpfliche Quelle musikalischer Eingebung angezapft hatten, wie auch eine gleichermassen unerschöpfliche Quelle von grossartigen jungen Musikern, die die neuen Tumbaos erfinden und mit einer rhythmischen Intensität souverän ausführen konnten, die niemand sonst auf dem Planeten erreichen konnte. Und der kreative Erfolg wurde belohnt mit finanziellem Erfolg. Nach kubanischen Massstäben strichen die Bandleader und Nachtclubs unvorstellbare Mengen von Geld ein. Timba hatte in Kuba manische Ausmasse erreicht und es schien nur eine Frage der Zeit, bis sie den Rest der Welt im Sturm erobern würde. Zu diesem Zeitpunkt gab es keinerlei Grund zur Annahme, dass die globale Latinomusikszene die einfache Volksmusik des Buena Vista Social Club mehr nach ihrem Geschmack finden würde.

In den berauschenden Tagen von 1997 preschte die Timba mit schwindelerregendem Schwung vorwärts, und im Auge dieses Sturms, in der Atmosphäre des ungeheuren Taumels ("tremendo delirio"), veröffentlichte die originale Charanga Habanera ihr sehnlichst erwartetes viertes Album. Weder sie noch sonst jemand hätte sich träumen lassen, dass es gleichzeitig ihr letztes sein würde.

Das Album: Tremendo Delirio

Während "Tremendo Delirio" sich drastisch von seinen drei Vorgängern unterscheidet, ist es dennoch weder ein übergangsweises noch ein experimentelles Album. Angefangen von der dramatischen Abfolge seiner Stücke -- über seine ausgeklügelten Anfänge und Abschlüsse -- bis hin zu seinem bizarren, neo-psychedelischen 14-seitigen Booklet, ist dies klar das reife und liebevoll geschaffene Werk einer wahrhaft grossartigen Band, deren Aufstieg zum Mega-Ruhm in ihrem eigenen Land ihr Zeit, Ressourcen und kreative Kontrolle gegeben, sie zum Glauben in ihre eigene Grossartigkeit inspiriert und sie trotzdem noch nicht zerstört hatte.

Obwohl der Sturm jeden Moment losbrechen würde, blieb das Personal der Charanga Habanera durch die Zeit bis zur Entstehung ihres vierten Albums bemerkenswert stabil. Insgesamt verliessen in über fünf Jahren zwei Leute die Band und zwei Neue kamen hinzu. Auf "Pa' Que Se Entere La Habana" ersetzten sie den Sänger Leo Vera durch Michel Maza, ohne einen Takt auszulassen, und sie nahmen sich nicht einmal die Mühe, ihre Ein-Mann-Violinensektion, ein anachronistisches Überbleibsel aus ihren frühen Charanga-Wurzeln, zu ersetzen, als Pedro Fajardo die Band für die viel stärker Streicherorientierten Los Van Van verliess. Es ist interessant festzustellen, dass Calzado, Gonzáles und Pedro Pablo ihre Karrieren je auf der Violine, der Viola und dem Cello begannen, nur um dann in einer Gruppe gänzlich ohne Streicher Geschichte zu schreiben.

Auf "Tremendo Delirio" war der einzige Wechsel die Aufnahme eines dritten Sängers. Dany Lozadas makellose Intonation und Phrasierung und seine unverkennbare Stimme und charismatische Persönlichkeit machten ihn zur perfekten Ergänzung für Sombrilla und Michel. Noch wichtiger war, dass Lozada ein überaus produktiver Komponist war und vier der elf Stücke auf Tremendo Delirio selbst oder mit geschrieben hatte, einschliesslich des epischen letzten.

Die Zufügung von Lozada begründet allerdings nicht die extremen stilistischen Änderungen im Sound der Gruppe. Die ganz oder teilweise gerappten Coros, mit denen die Gruppe auf "Pa' Que Se Entere" experimentiert hatte, waren jetzt in jedem einzelnen Stück vorhanden. Eine grundlegendere Änderung war die Verlagerung des Fokus von Dur zu Moll. Die frühen Aufnahmen waren voll von heiteren Dur-Grundtönen und glockenähnlichen Dur-Dezimen in den Piano Tumbaos. Auf "Tremendo Delirio" durchlaufen die Cuerpos die ganze Skala harmonischer Möglichkeiten, aber wenn man einmal daran vorbei und zur Substanz der Arrangements gekommen ist, arbeitet sich jedes Stück in eine Art dunkler Molltonalität hinein, und die Bläser, Stimmen und sogar die Piano Tumbaos sind durchsetzt mit Bluesnoten. Die dunkelste der Bluesnoten, die verminderte Quint, von frühen klassischen Komponisten als el diablo en música bezeichnet, verschafft sich Eintritt in beinahe jedes Tumbao. Sogar die Clave hat gewechselt! Die ersten Alben bevorzugten 3:2 Rumba Clave für die Mehrzahl der Coros und Mambos und zeichneten sich durch einen Irrgarten von komplexen und faszinierenden Clave-Wechseln aus, um in diesen Groove hinein- und wieder herauszukommen. Tremendo Delirio ist nahezu ausschliesslich in 2:3, mit nur 2 Stücken, die 3:2 und Clave-Wechsel aufweisen.

Schliesslich ist "Tremendo Delirio" ein Album, nicht eine Sammlung von Stücken. Es weist eine Einheit von Stil und Konzept auf, und die Stücke folgen einander zielbewusst und in dramatischer Folge.

Die Songs: Stück für Stück

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No Estamos Locos (Ketama) [hier klicken für vollständigen Text]

Wie Kike Venenos "Dime A" vom vorangegangenen Album, ergab sich auch "No Estamos Locos", geschrieben von den spanischen Flamenco-Rockern Ketama, aus einem Marketingvorschlag, eine Coverversion eines spanischen Pophits auf jeder Platte einzuschliessen. Aber obwohl es als kommerzielle Idee begann, brachte der "Timbafikationsprozess" ein ungewöhnlich inspiriertes Arrangement hervor, wie das auch bei Paulito FG's Version des italienischen Rocksongs "Laura non c'é" der Fall war. In beiden Fällen ist der Cuerpo ein erfrischender Tempowechsel und führt nahtlos in das vollkommen eigenständige Timba-Material, welches folgt.

Die Einleitung ist a cappella gesungen. Der Coro singt die ersten drei Zeilen, und dann gibt Dany Lozada seinen Einstand als Charanguero mit "y buscaré, oye mira, buscaré" [Audiobeispiel 1]. In der Version von Ketama wird der Coro jedes Mal zweimal wiederholt, aber CH gestaltet den Text der zweiten Hälfte individuell, indem sie hinzufügt:

somos Cubanos
nuestra música daremos
con una eterna sonrisa
el mundo conquistaremos

Die Worte des Cuerpo, mit Ausnahme einer Passage, bleiben dem Original treu, aber González' musikalisches Arrangement ist recht anders. Wenn man zunächst den Eröffnungs-Coro von Ketama hört, klingt er wie eine komplett unterschiedliche Melodie, auf Grund der Abwesenheit von Sombrillas hoher Harmonie, welche in der Version von CH als Hauptmelodie daherkommt. Man kann die zusätzliche Harmonie mit der Ketama-Version mitsingen, und es funktioniert. Beachte auch die deutliche Flamenco-Färbung von "y buscaré"..

[Audiobeispiel 2] (von Ketamas "De akí a Ketama" -- Mercury Records)

Die Ketama-Version endet nach dem Cuerpo -- alles ab "¿pero que loco por qué?" in der Version von Charanga Habanera ist neues Material.

Die Verse werden auf geschickte Weise zwischen den drei Sängern aufgeteilt. Dieses Album setzt mehrere Leadsänger kreativer ein als vermutlich jedes andere Timba-Album. Von den grossen Timba-Bands werden nur drei (Issac, Paulito und Manolín) von einem Sänger geleitet. Alle anderen teilen den Leadgesang zwischen einer Front von drei oder sogar vier Sängern auf. Natürlich ist es ein grosser Vorteil, Coristas vom Kaliber von Leadsängern zu haben, und vielleicht fürchten sich die Bandleader, zu viel der Identität einer Gruppe in eine einzelne Persönlichkeit zu investieren, aber Fans haben sich schon beschwert, dass es verrückt sei, wenn zum Beispiel Los Van Van vier Sänger haben, weil es dazu führt, dass zwei der besten Sänger in Kuba, Mayito und Roberto, letztlich nur ein, zwei Stücke an einem Abend singen. Charanga Habanera hingegen macht ausgedehnt Gebrauch von seinen mehrfachen Leadsängern innerhalb eines Arrangements (andere haben dies - in geringerem Masse - auch getan, zum Beispiel Los Van Vans "Empezó la Fiesta").

Eine der grossen Innovationen der Timba ist die Idee, Klavier, Bass, Synthesizer, Bläser und die diversen Bestandteile der Perkussionssektion zu isolieren und dann auf vielfältige und manchmal unerwartete Weise wieder zu kombinieren. Ebenso werden die Standardelemente von Salsaarrangements -- Coros, Mambos, Bloques und Guías -- auf neue und kreative Art kombiniert. Calzado & Gonzáles erweitern diesen Ansatz einfach, indem sie die Sänger ebenso "orchestrieren". Man sehe sich zum Beispiel die raffinierte Weise an, wie die Stimmen im zweiten Vers [Audiobeispiel 3] aufgeteilt werden. Lozada unterbricht Sombrillas Abschnitt mit zwei Fragen und kommentiert dann die Antwort, bevor er seinen Teil singt, welcher wiederum von Michel zu Ende geführt wird.

Sombrilla: me gusta vivir la vida
y no dar explicaciones

Lozada: ¿explicaciones de qué?
¿y por qué?

Sombrilla: soy bohemio, soñador
pregonando mis canciones

Lozada: a mí me pasa lo mismo, mira
la noche a mí me seduce
y embruja mi fantasía

Michel: y es que la noche me inspira
y es mi adorada enemiga

An diesem Punkt kommt der ungeheure Taumel ("tremendo delirio"), der nie weit von der Oberfläche liegt, zum ersten Mal zum Vorschein, als das, was vom ursprünglichen Konzept von Ketama übrig blieb, durch die teuflisch ansteigende chromatische Figur des Basses und des Synthesizers im Staub zurückgelassen wird. Alle drei Sänger rappen aggressiv in einem Sperrfeuer von Maschinengewehrspanisch wie es nur die Kubaner sprechen können. Gegen die chromatische Basslinie und das hypnotische, bluesige Piano Tumbao erzeugt dieser Stimmschwall einen so offen psychedelischen Effekt wie die drogenselige Umschlaggestaltung des Albums.

Der nächste Coro basiert auf dem ursprünglichen Stück, ändert aber "queremos" in "tenemos" (und ändert damit "wir wissen, was wir wollen" in "wir wissen, was wir haben"). Die "Timba-Geometrie" des Coros lässt jedem Sänger zwei unterschiedlich grosse Lücken zum Füllen. Michel füllt die kleinere mit einer seiner Markenzeichen-Vokalisierungen und die grössere mit einer klassischen Guía.

coro: no estamos locos
sabemos lo que tenemos

Michel: (Vokalisation)
coro: sabemos lo que queremos
Michel: ay!
de que lo somos lo somos
y esta tierra vacilamos
pero la bola del mundo queremos
abrazar con nuestras manos

Wie der Cuerpo werden auch die Guías zwischen den drei Sängern aufgeteilt. Lozada, der sich nicht so einfach übertreffen lässt, füllt die kleinere Lücke auf andere Weise und lässt ihr eine Guía folgen, die lyrisch wie melodisch gleichermassen interessant ist (wenn Singen unser Traum ist und Träumen unser Gesang...) (ein weiteres Beispiel, warum Salsa auf Deutsch nicht funktioniert!)

coro: no estamos locos
sabemos lo que tenemos
Lozada: de que sabemos sabemos
coro: sabemos lo que queremos
Lozada: si cantar es nuestro sueño
si soñar es nuestro canto
caminaremos seguro
que el triunfo nos está esperando

Im dritten Coro schweigen die Sänger auf der kleineren Lücke, und werfen damit ein Schlaglicht auf den synkopierten Ritt des Piano Tumbao die Bluesleiter herunter. Dann singen sie "mambo!", und nachdem der Mambo beginnt, wirft Lozada alleine "chámbo" ein, womit er den abwechslungsreichen Fluss verschiedener stimmlicher "Orchestrierungen" aufrechterhält.

coro: no estamos locos
sabemos lo que tenemos
(Piano)

coro: sabemos lo que queremos
mambo! ....

Lozada: chámbo! [Audiobeispiel 3]

Nach dem Mambo darf sich Sombrilla am gleichen Coro versuchen. Seine Behandlung der kurzen Lücke ist die kreativste von allen, indem er seinen Text den letzten Teil des Coro "schon seit vier Jahren ... wissen wir, was wir wollen" vorwegnimmt. Die Zahl "4" ist interessant an dieser Stelle. Das Album wurde 1997 veröffentlicht, aber das Stück wurde vermutlich zum ersten Mal 1996 aufgeführt, acht Jahre nach der Gründung der Band, aber vier Jahre nach 1992, dem Jahr, in dem sie begannen, Timba zu spielen. (Ironischerweise verwendete eine spätere Inkarnation von Charanga Habanera, als sie dieses Stück in Argentinien im Jahr 2000 aufführte, noch immer "cuatro años" in dieser Guía! Eine grössere Änderung einer Charanga Habanera Guía an einem Konzert zu hören, ist nur wenig unwahrscheinlicher, als eine geänderte Note in einer Beethoven-Sonate! Für weit reichende Vokalimprovisationen werden wir uns gedulden müssen, bis wir dazu kommen, uns mit Paulito FG, El Indio von Manolito y su Trabuco und ihresgleichen zu beschäftigen).

coro: no estamos locos
sabemos lo que tenemos
Sombrilla: son son son son cuatro años que...
coro: sabemos lo que queremos
Sombrilla: oye!
y ya me voy caminando
y me voy asegurando
que la música cubana
tu la estás necesitando
[Audiobeispiel 4]

In jedem Fall wird die letzte Guía von Sombrilla, ein synkopiertes melodisches Juwel, das seinen Ehrenplatz am Ende des Arrangements verdient, von einer ausgedehnten Rückblende auf die frühere Psychedelie (à la "A Day in the Life") gefolgt, die zu einem kraftvollen letzten Break führt, in dem vier gewehrschussähnliche Timbal-Rimshots die letzten Reste eines ansteigenden Schnellfeuer-Bläsersatzes ausfüllen.

Es ist ein verblüffendes Eröffnungsstück, aber seid vorgewarnt, dass sich Calzado zum ersten Mal vom "Vorderlader-Ansatz", die stärksten Songs an den Anfang des Albums zu stellen, wegbewegt hat. So eindrücklich wie "No Estamos Locos" auch sein mag, es ist nur die Eröffnungssalve in einem Dauermarsch zu einem noch spektakuläreren Abschluss hin.

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Dime que te quedarás (Dany Lozada) [hier klicken für vollständigen Text]

"Dime que te quedarás" wurde von Lozada geschrieben, wird aber durch Michel gesungen, mit einer Einleitung von Sombrilla. Der Cuerpo hat eine hinreissende Melodie, die nahezu zwei Oktaven umfasst und bis zum "G", eineinhalb Oktaven unter dem mittleren C, hinunterreicht - extrem tief für Salsa, aber komfortabel für Maza. [Audiobeispiel 5]

Erwartungsgemäss geht der erste Coro in die Moll-Parallele und beginnt allmählich, Rap-Elemente einzuführen [Audiobeispiel 6], aber Mazas Guías und der zweite Coro behalten den melodischen Charakter des Cuerpo bei, bis der bösartige Bloque, welcher den dritten Coro-Abschnitt einleitet [Audiobeispiel 7], den Übergang zur auf diesem Album dominierenden Stimmung aggressiver gerappter Coros und kantiger Tumbaos vollendet [Audiobeispiel 8].

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Charanguéate (Manolín "El Médico de la Salsa") [hier klicken für vollständigen Text]

Charanguéate ist das vierte und letzte Stück, das Manolín für Charanga Habanera geschrieben hat. Die ersten drei wurden geschrieben, bevor er seine eigene Gruppe gegründet hatte, "Charanguéate" hingegen wurde beigesteuert zu einer Zeit, da El Médico wahrscheinlich der grösste Star in Kuba war. Es ist eine von drei berühmten "Erkennungsmelodien", die für Timba-Gruppen von legendären Persönlichkeiten anderer Bands beigesteuert wurden. Die anderen sind Giraldo Pilotos "Lo Que Quiero es Bamboleo" und Juan Formells episches "Somos la Charanga", für die im Wesentlichen gleiche Gruppe geschrieben, nachdem sich ihre Wege von David Calzado getrennt und sie ihren Namen in "Charanga Forever" geändert hatte.

Obwohl Charanga Habanera zwischen ihrem ersten und vierten Album keinen einzigen Musiker oder Arrangeur ersetzte, hatte sich ihr Stil so drastisch geändert, dass die Eröffnung von "Charanguéate" der einzige Teil von "Tremendo Delirio" ist, von dem es vorstellbar wäre, dass er auch auf "Me Sube la Fiebre" oder "Hey You Loca" hätte erschienen sein können. Die ersten fünf Noten des einleitenden Pianoriffs lassen den fröhlichen, "sol natural" 3:2 Groove, der die frühen Klassiker angetrieben hatte, aufleben [Audiobeispiel 9]. Sie ist auch einer der seltenen Momente von 3:2 Clave auf diesem überwiegend 2:3-basierenden Album. Um den Verstand von Nichtmusikern unter euch zu schonen, habe ich die Clave-Analysen auf einer eigenen Seite festgehalten. Er reicht, hier zu erwähnen, dass obwohl die meisten Stücke auf diesem Album auf reiner 2:3 Clave basieren, "Charanguéate" eine bizarre und äusserst interessante Clave-Struktur aufweist.

Die Form des Arrangements unterscheidet sich ebenfalls deutlich vom gewohnten Timba-Schema (wenn es so etwas überhaupt gibt). Es ist in der Timba üblich, mit einer Vorschau auf den Montuno-Abschnitt zu beginnen, als Einleitung für den eröffnenden Bläsersatz und den Cuerpo, welche Herkömmlicherweise ein Salsa-Arrangement einleiten. Das ist, was hier zu passieren scheint. Der Eröffnungs-Coro [Audiobeispiel 9] wird gefolgt von einem sehr melodischen, Cuerpo-ähnlichen Abschnitt, doch dann kehren die Einleitung und der erste Teil des Abschnitts zurück, und es beginnt sich so anzufühlen, als sei die ganze Eröffnung der Cuerpo [Audiobeispiel 10]. Dann allerdings löst sich das alles in eine scharf umrissene Eröffnung durch die Bläser auf, gefolgt von einer eher gewohnten Cuerpo-ähnlichen Behandlung des mittleren Teils des eröffnenden "Cuerpo" [Audiobeispiel 11]. Dies führt wie erwartet zum Eröffnungs-Coro, aber jetzt ist er in einer anderen Clave, mit einem vollkommen unterschiedlichen Tumbao [Audiobeispiel 12]. Das eröffnende Tumbao kehrt nie mehr zurück. Letzten Endes stellt sich die Form als Standardarrangement heraus, mit einem vorangestellten einzigartigen autonomen Abschnitt von einer Minute und zwanzig Sekunden, der Melodienmaterial aus dem Hauptteil entnimmt und ihm eine vollkommen verschiedene musikalische Behandlung angedeihen lässt.

Der erste Mambo ist ein perfektes Beispiel für den Kontrast zwischen diesem Album und der früheren Arbeit von Charanga Habanera. Der Mambo beginnt in einem Groove, der stark an die früheren Alben erinnert, mit dem Klavier, das aus der Mixtur ausbricht und die Lücken mit jazzigen Blues-Licks füllt. In der Zeitspanne von nur zwei plötzlichen und dramatischen Noten bewegt es sich in die Richtung des finsteren Moll-Grooves, der "Tremendo Delirio" versinnbildlicht [Audiobeispiel 13].

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Un disparo en la mirada (D. Calzado/Alejandro y Rember) [hier klicken für vollständigen Text]

"Alejandro y Rember" sind zwei geheimnisvolle Medizinstudenten und Komponisten, die gemeinsam mit David Calzado verschiedene Stücke schrieben und später Charanga Forever mit einem grossartigen Song namens "Mi Mecánica" belieferten. Bis jetzt war es uns nicht möglich, viel mehr über sie oder ihren derzeitigen Aufenthaltsort in Erfahrung zu bringen, aber ihre Arbeit als Komponisten ist ausgezeichnet.

Wie in einer klassischen Symphonie ist eines der verbindenden Elemente von "Tremendo Delirio" das Wiedererscheinen und die Entwicklung musikalischer Ideen in verschiedenen Stücken. Ein solches Beispiel ist die Familie ansteigender Bass-/Synthesizerphrasen, mit denen drei der besten Stücke beginnen. Obwohl sich die Formen der musikalischen Motive ziemlich ähnlich sind, beginnt jedes auf einem anderen Schlag des Takts und jedes fordert den Hörer heraus, den Downbeat zu finden. "Usa Condón" beginnt auf dem zweiten Sechzehntel des vierten Schlags [Audiobeispiel 14], "Hagamos un Chen" auf dem zweiten Sechzehntel des dritten Schlags [Audiobeispiel 15] und unser aktuelles Thema, "Un Disparo en la Mirada" auf dem zweiten Sechzehntel des zweiten Schlags [Audiobeispiel 16]

Die Einführung zu "Un Disparo" ist eine faszinierende Miniaturkomposition. Nach der mehrdeutigen Eröffnungsphrase setzen die Bläser mit einer geradlinig klingenden Melodie ein, die allerdings um einen halben Schlag versetzt ist! Die erste Note der Bläser hat, wenn du nicht aufpasst (oder sollte ich sagen "nicht KubanerIn bist"), die Tendenz, wie der Downbeat des ersten Schlags zu klingen, ist aber in Tat und Wahrheit der Upbeat des vierten. Eine weiterer hübscher Bestandteil ist, wenn du sorgfältig zuhörst, der eine Oktave höher spielende Synthesizer, der die Einleitungsphrase wieder und wieder repetiert, während sich der Abschnitt entfaltet [Audiobeispiel 16].

Der kurze, melodische Cuerpo leitet einen sanften, kraftvollen Übergang zu dem das Album dominierenden Moll-Funkgroove ein, mittels eines lebhaften Austauschs zwischen Sombrilla (sein anderer Spitzname ist "Mayito") und dem Coro, der zu einem grossartigen Bloque führt [Audiobeispiel 17]. Welch erstaunliche Bandbreite musikalischer Gefühle dieser Abschnitt umfasst! Ein wunderschönes kreatives Element ist die Art, wie der Coro bei "pa' que? pa' que Mayito?" auf dem Hochseil zwischen Rap und Melodie balanciert.

Hinweis: Wir haben jetzt die Passage erreicht, die Allan Johnston in seinem speziellen Artikel über Pedro Pablos Bassstil beschreibt.

Der erste Coro ist halb melodisch und halb gerappt und hat zwei strukturell interessante Stellen -- er lässt für Sombrilla kleine Lücken innerhalb des eigentlichen Coro zum Füllen und fügt ein zusätzliches "no sé de donde son" vor der ersten (und nur der ersten) seiner drei Guías in voller Länge. Diese Guías sind so inspiriert, dass wir jede einzeln betrachten müssen!

Sombrillas erste Zeile ist eine coole Variation auf das, was die zweite Zeile des Coros gewesen wäre, aber hör dir den seelenvollen, bluesigen Tonfall bei "se mantienen" an.

coro: no sé de donde son
Sombrilla: de donde salen de donde vienen
esas mujeres como valen y como saben
por eso se mantienen...di tú!
[Audiobeispiel 18]

Nach einigen Zwiegesprächen mit dem Coro ist Sombrillas zweite Guía ein wahrlich inspirierter "Hook", der die rhythmische Energie des Stücks beträchtlich ansteigen lässt.

Sombrilla: yo tengo mi mirada calibre veintidós
calibre cuatro cinco hasta fuerza de granada
pero a pesar de todo eso
lo juro!
a veces no resuelvo nada...nada
[Audiobeispiel 19]

In den Lücken des nächsten Coro wiederholt er die Phrasen der Coristas und fügt Bluesflexionen hinzu, bevor er in seine dritte Guía einsteigt, welche den guten alten "diablo en música" Blueston auf "desesperes" trifft und dann den ganzen Abschnitt mit "yo te lo voy a cantar" zu einem grossartigen Höhepunkt führt.

Sombrilla: yo tuve que fabricar
una mirada tan especial
pero no te desesperes
que como el coro que viene
yo te lo voy a contar...sí!
[Audiobeispiel 20]

Die nächsten beiden Coros sind vollständig gerappt. In vielen Kreisen gilt es als schick, Rap zu verachten. Es fällt allerdings schwer sich vorzustellen, dass sich selbst die hartgesottensten Kritiker der Rapmusik nicht von diesem Album bewegen lassen. Jedes Rapsegment wird vorbereitet, gefolgt und umhüllt von der exquisitesten Musik, was es dem Zuhörer erlaubt, in der rhythmischen Kraft des gesprochenen Worts zu schwelgen, ohne die Freude an der Musik dabei zu opfern. Hör' dir den Satz "mírala como se mueve" (am Schluss des Audiobeispiels 20) an. Wenn wir schon dabei sind, hör' dir die Reden von Martin Luther King oder Shakespeares Selbstgespräche an. Die rhythmischen Qualitäten und Flexionen der Sprache weisen eine riesige Ausdrucksspanne auf. Der Trick ist dabei, sie so einzuarbeiten, dass dabei nicht der Zauber der Musik selbst verwässert wird. Es ist viel zu einfach, zu weit zu gehen und das Resultat zu verderben, und unbedeutendere Timba, inspiriert von diesem Album, hat sich oft genau dieser Art von Übermass schuldig gemacht.

Die Kubaner waren schon immer fasziniert von amerikanischer Rapmusik. Von NG La Bandas frühen Experimenten bis zum fortgeschrittenen und ausgefeilten Rap von Gruppen wie "Orishas" und "Obsesión" haben sie, mit einigem Erfolg, versucht, die rhythmische Phrasierung und Flexionen des schwarzen amerikanischen Rap mit kubanischem Spanisch und kubanischen Themen zu verschmelzen. Doch der "Rap" von "Tremendo Delirio" ist eine vollkommen andere Art von Musik, die den Amerikanern wenig mehr verdankt als die grundlegende Idee, Gesang durch rhythmisches Sprechen zu ersetzen. Das Resultat ist auf eine natürliche und unprätentiöse Art und Weise extrem kubanisch. Hör dir Sombrillas kurze Rap-Guía an, welche den dritten Coro einleitet.

Sombrilla: fue tanto lo de esa niña caballero
que hasta lentes tuve que ponerme
pero al final me la lleve y tú sabes lo que le canté
pregúntale a Calzado ... así
[Audiobeispiel 21]

oder später:

Sombrilla: por que te dí por que te dí
en el mismo centro de tu corazón
[Audiobeispiel 22]

Es ist unmöglich, sich einen amerikanischen Rapper vorzustellen, der diese Art rhythmischer Phrasierung verwendet. Charanga Habanera behält auch die Coro/Guía-Struktur bei, hält das Tumbao in Schwung, um die Abwesenheit von Melodie in den Stimmen aufzuwiegen, und, statt dass ein repetitiver Drum-Machine-Groove eingesetzt wird, ist die Perkussion live, ändert sich ständig und ist voll von raffinierten Ideen wie der des traversierenden, gewehrschussähnlichen Wirbeltrommel-Laufs in den obenstehenden Beispielen.

Hinweis: Am Ende des Albums ist ein "boom remix" dieses Stücks angefügt, der tatsächlich einen Drum-Machine-Groove mit der obligatorischen Disco-Fusstrommel verwendet. Er wurde scheinbar von Calzado und den Sängern in Spanien als Marketingtrick zusammengestückelt. Das Stück ist nicht ohne Vorzüge -- das Intro weist einen sehr hübschen Pianoteil auf [Audiobeispiel 23]. Eine Weile lang hatte es die Band als Hintergrund für die Eröffnungschoreografie ihrer Bühnenshow verwendet. Für unsere Zwecke hier betrachten wir den kreativen Fluss des Albums als mit dem elften Stück seinen Höhepunkt erreichend und endend und erachten diese Discoversion als einen "Bonustrack", wie sie heute am Ende der meisten klassischen Wiederauflagen angefügt werden.

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Lola, Lola (David Calzado) [hier klicken für vollständigen Text]

"Lola, Lola" quillt förmlich über vor so vielen suchtgefährdenden musikalischen Hooks, um nicht nur Cole Porters "Whatever Lola Wants, Lola Gets" als grossartigstes "Lola"-Stück des 20. Jahrhunderts zu verdrängen, sondern auch den Kinks-Klassiker "Lola, L-O-L-A, Lola". Es war einer der allergrössten Hits von CH und wird noch heute von der neuen Charanga Habanera bei den meisten ihrer Konzerte gecovert. Bei Calzados erstem Versuch, in diesem Groove zu schreiben, hat er sich "El Temba" einfallen lassen, welches sich als so grosser Hit entpuppte, dass Issac es in seinem berühmten "Hitparaden-Song" "La Competencia" einschloss. Und indem Calzado die obligate Fortsetzung "Riki Ricón" schrieb, produzierte er einen weiteren grossen Hit. Aber "Lola, Lola" ist das Meisterwerk von den Dreien.

Das Arrangement ist ein weiteres grossartiges Beispiel für die Art, wie Calzado die Stimmen "orchestriert", indem er Sombrillas Rap mit Michels melodischen Cuerpos und Guías kombiniert und den Coro dazufügt, um mit der Leadstimme an entscheidenden Stellen zu harmonieren.

Der erste von vielen unvergesslichen Bloques erscheint im Cuerpo selbst [Audiobeispiel 24]. Clave-Fanatiker werden sich verwundert am Kopf kratzen, wenn sie feststellen, dass, obwohl das ganze Stück in 2:3 ist, dieser Bloque an einer Stelle die ganze Band die ersten vier Noten einer 3:2 Rumba-Clave im Einklang spielen lässt!

"Lola" ist ein bedeutendes Beispiel der für CH einzigartigen Verwendung von Tempo. Es baut auf demselben langsamen, schleppenden Markenzeichen-Groove auf, den Calzado für verschiedene andere Hits verwendet hat (einschliesslich "El Temba" und "Riki Ricón"). Die meisten Salsas und Timbas lassen sich bei einem Tempo von etwa 93-100 Schläge pro Minute (bpm) messen und gehen bis 110 und darüber für Super-Hochenergie-Stücke wie "Hey You Loca" und "Te Pone la Cabeza Mala", aber Charanga Habanera haben einen Weg gefunden, die Energie hochzudrehen, indem sie ein langsameres Tempo verwenden. Dieses Stück beginnt nicht bloss langsam (87 bpm), sondern wird aufregend, indem es allmählich beschleunigt, um dann an Schlüsselstellen wieder auf dieses Tempo zurück zu fallen, wie etwa dieses dramatische Beispiel, welches im Sturzflug von 91 auf 86 bpm abbremst [Audiobeispiel 25].

Auch der Text hat einen grossen Anteil an der Popularität des Stücks, indem er raffinierte Reime mit einem Berg von Doppeldeutigkeiten kombiniert. "Bola" ist ein erstaunliches Wort. Nicht nur, dass es mehrere reguläre sowie Slang-Bedeutungen im kubanischen Spanisch aufweist, fast alle davon haben auch Verwandte im regulären wie auch im Slang-Englisch! Bola kann wörtlich "Ball" bedeuten; es kann auch bedeuten "am Ball zu bleiben", wie in Manolíns "arriba de la bola"; daneben kann es auch sexuelle Assoziationen beinhalten, wie "balls" (Eier) im Englischen; und "toque de bola" kann eine mit den englischen Slangbegriffen "toke" (Joint) und "bowl" (Haschpfeife) verwandte Bedeutung erhalten. Lassen wir es dabei zu erwähnen, dass, bevor das Stück zu Ende ist, keine Bedeutung ausgelassen wird!

Der Text ist auch gespickt mit Verweisen auf andere Stücke. Eine von Michels Guías bezieht sich auf Charanga Habaneras eigenes "Te Voy A Liquidar".

Michel: deja la bola que corra, que corra
que sentimiento me sobra
y yo te voy a liquidar
[Audiobeispiel 26]

In einem Rap, früher im Stück, hatte Sombrilla bereits in seiner Warnung an Michel auf denselben älteren Song subtil angespielt:

Sombrilla: oye, Michel
te lo dije
que Lola estaba tan dura
pero tan dura
que tú no podías con ella
que Lola no era Mireya
eh?
[Audiobeispiel 27]

Wie unsere ansässige Musikologin, Majela Serrano, darlegt, ist Mireya eine wiederkehrende Gestalt (wie unser alter Kumpel Perucho), die erstmalig in einer von Leo Veras Guías auf dem vorher erwähnten "Te Voy a Liquidar" aufgetaucht war [Audiobeispiel 28].

Majela weist auch auf einen weiteren musikalischen Querverweis hin -- diesmal zum traditionellen kubanischen Sänger "El Jilguero de Cienfuegos", dessen grösster Hit "La Caldosa de Don Quique" war. Sombrilla geht, nachdem er seine Freundin Rosa "fett, aber sie ist mein" (Oye Mayito, versuch' mal diese Zeile in der Yuma!) genannt hat, dazu über, sie mit einer Schüssel ("bola") Suppe zu vergleichen. Aber was für eine Schüssel Suppe! Und was für eine unglaubliche stimmliche Leistung von Sombrilla. Hör dir die Art an, wie er sich auf "sabrosíta, mamá" hart zurücklehnt.

coro: Rosa, Rosa
Sombrilla: ahí
coro: tú estás muy buena
pa' una caldosa
Sombrilla: pa' una caldosa que esté bien riquita
una caldosa que esté sabrosita, mamá

coro: Rosa, Rosa
Sombrilla: ahhh
coro: tú estás muy buena
pa' una caldosa
Sombrilla: por eso
coro: pa' la caldosa de Quique y Marina
o pa' la caldosa que venden en la esquina
Sombrilla: eh?
[Audiobeispiel 29]

Dies führt zu einem Bloque, der so bien riquita y sabrosita ist, dass er zweimal wiederholt wird. Hier ist das zweite Auftreten: [Audiobeispiel 30]. Die Bläser stehen im Rampenlicht eines weiteren Bloque, der sich nur als bösartig beschreiben lässt, besonders wenn du versuchst, ihn zu lernen! Im folgenden Beispiel hören wir zunächst einen kürzeren, neckenden Bloque; dann geben uns die Bläser gnädigerweise ein bisschen Vorbereitungszeit und dann schlägt der Killer-Bloque zu. Für einen Augenblick vermitteln die Bläser den Eindruck, die Zeit sei stillgestanden, aber dann setzt Sombrilla ein, rappend, als wäre nichts geschehen [Audiobeispiel 31]. ... Di tú in der Tat!

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Lo siento por tí (Dany Lozada) [hier klicken für vollständigen Text]

"Lo Siento Por Tí" ist wie "Dime Que Te Quedarás" von Lozada geschrieben aber von Michel gesungen, um Mazas klangvollen, zwei Oktaven umfassenden Stimmumfang voll zu nutzen. Der Cuerpo ist süss, aber kurz, also wird ein dritter Vers aufgebaut, indem die Hälfte der beiden ersten kombiniert und drei Tonarten höher gestimmt wird, was Michel erlaubt, ganz hoch bis zum Ab aufzusteigen. Dieses Beispiel [Audiobeispiel 32] beginnt unmittelbar vor der Modulation. Nach dem zweiten "no me choca a mí" führt uns ein kurzer, absteigender Lauf zurück zur ursprünglichen Tonart und die Bläser bahnen den Weg für einen spektakulären, ausgedehnten Bloque, der seinen Höhepunkt in einem dramatisch platzierten, geänderten Jazz-Akkord (E7#9, #11) [Audiobeispiel 33] findet. Wie Stevie Wonder und Steely Dan haben auch Charanga Habanera den Kniff, dissonante "aussenstehende" Harmonien vom Jazz und der klassischen Musik zu borgen und sie in markante aber eingängige Pop-Hooks zu verwandeln.

Der Mambo setzt ein weiteres dissonantes harmonisches Hilfsmittel ein, die "Ganztonskala" [Audiobeispiel 34], die zum ersten Mal ausgiebig von Debussy verwendet wurde. Jedoch könnte Charanga Habanera die Idee vom vorgängig erwähnten Stevie Wonder gekommen sein, den sie in Monte Carlo kennen gelernt hatten, und den Calzado als wichtigen Einfluss bezeichnet. "Sunshine of My Life" war vermutlich das erste Popstück, das die Ganztonskala aufgenommen hatte [Audiobeispiel 35]. Natürlich ist auch Stevie bekannt dafür, Ideen aus der lateinamerikanischen Musik auszuleihen [Audiobeispiel 36].

Der Mambo leitet in einen teilweise gerappten Coro, raffiniert durchbrochen von Maza, der nach einer besonders rhythmischen Guía sein Markenzeichen, das Schlagwort "sirvió o no sirvió, yo creo que sí" über die Taktgrenze ausdehnt und zwischen den Zeilen des Coro enden lässt. Das brillante Piano Tumbao nimmt auch an der Konversation überlappender musikalischer Ideen teil. Hör' dir an, wie seine melodischen Hooks in den Lücken, welche die Sänger lassen, hochsteigen [Audiobeispiel 37].

Das Muster des zweiten Coro umkehrend, beginnt der dritte als Rap und endet melodisch, und schafft so die Grundlage für eines der inspiriertesten und einzigartigsten musikalischen Juwele des Albums [Audiobeispiel 38]. Es ist eigentlich nur eine absteigende Bluestonleiter, aber die Harmonien und Synkopierung machen etwas Magisches daraus. Als es zum ersten Mal auftaucht, schmettert es Michel mit den Bläsern zusammen heraus. In der zweiten Wiederholung sind es nur die Bläser, und auf der dritten und vierten fällt der Bass weg, wie in einer Bomba. Dann, auf der fünften Wiederholung, kehrt der Bass zurück und die Perkussion verwandelt es in einen kraftvollen Bloque. Die letzte Wiederholung ist a cappella (mit ein wenig Perkussion) und endet mit einem absolut hinreissenden, gehaltenen Akkord der Stimmen. Mit dieser Art Beatles-ähnlichen Detailverliebtheit so spät im Album wie dem sechsten Stück, und der Art, wie sie von der eindrucksvollen, originellen Einführung des siebten Stücks gefolgt wird, wird allmählich klar, dass dies nicht eine "Vorderlader"-Sammlung von Hits ist. Calzado hat diesmal definitiv "Album" im Sinn. Wir werden nicht herunterschalten in eine Art Retro-Charanga homenaje (Hommage) -- das nächste Stück wird einen kraftvollen zweiten kreativen Wind wehen lassen und der Zauber von "Tremendo Delirio" wird sich erhalten, bis ganz zum umwerfenden Abschluss.

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Hagamos un chen (David Calzado) (arr: González) [hier klicken für vollständigen Text]

Beim ersten Anhören scheint "Hagamos un Chen" das definitive Beispiel für den Stil von "Tremendo Delirio" zu sein. Das Intro, die gerappten Coros, die Molltonart und die vokale Orchestrierung passen alle perfekt zur Stimmung des Albums, aber knapp unter der Oberfläche finden sich faszinierende Echos der früheren Alben und eine ziemlich verblüffende Vorschau auf das nächste. Die 3:2 Coros und komplexen Clave-Wechsel blicken zurück auf die ersten beiden CDs und die respektlosen sozioökonomischen Kommentare des Textes erinnern an das dritte, aber das Piano Tumbao, eines der allerletzten, die JC Gonzáles für CH schreiben würde, stellte sich als wichtigen Vorboten der Richtung heraus, welche die Gruppe nach seinem Abgang einschlagen würde. Hier ist es in seiner einfachsten Form [Audiobeispiel 39] und hier im Zusammenhang [Audiobeispiel 40]. Für sich alleine hört es sich mehr nach klassischer Musik als nach Salsa an, und es ist diese Idee, die harmonische Färbung klassischen Klaviers mit den afrokubanischen Rhythmen der Salsa zu kombinieren, die einen Sturm aufregender neuer musikalischer Ideen für Tirso Duarte und die zweite grosse Charanga Habanera mit sich brachte. Wie wir sehr detailliert in der Besprechung von "Charanguero Mayor" sehen werden, ist Duarte, wie Gonzáles, einer der wesentlichen Giganten des Timba-Piano, aber ihr Stil könnte unterschiedlicher kaum sein. Das "fehlende Glied" scheint "Hagamos un Chen" zu sein, das klingt, als ob es Duartes erstes Charanga Habanera Tumbao wäre, und nicht Gonzáles' letztes.

Das Arrangement beginnt mit einer Vorschau auf den Coro-Abschnitt, mit einem über das voran erwähnte Tumbao rappenden Sombrilla, welcher nahtlos in ein sehr ungewöhnliches Bläser-Intro überleitet [Audiobeispiel 41], das fast einen der Hooks von Genesis' "That's All" zu zitieren scheint [Audiobeispiel 42]! Es gibt da auch einen besonders glatten Übergang zu Calzados Cuerpo, der viel mehr ist als ein obligates Stück Salsa Romantica, bevor der Montuno-Abschnitt beginnt. Dieser Cuerpo ist aus kompositorischer Sicht wunderbar entwickelt. Zunächst nimmt er eine Grundmelodie, welche 4 Claves lang dauert und harmonisiert sie auf drei verschiedene Weisen neu, wobei jede organisch aus der vorangegangenen herauswächst und an emotionaler Intensität zunimmt.

Michel: vamos a hacer un negocio redondo
échame amor en un saco sin fondo
dame caricias, ternura
y un sexo tan duro, tan tierno
que detenga el tiempo

yo te daré lo que llevo por dentro
seré un volcán que estremece tu cuerpo
voy a saciar esta furia de amarte
y después del fuego voy a cariciarte

será un negocio tan bien realizado
pero primero firmemos contrato
que un intercambio que sea de amores
es muy importante la forma de pago
[Audiobeispiel 43]

Dies führt zum Höhepunkt einer zweiten melodischen Phrase, die auch wiederholt und neu harmonisiert wird, bis sie zum Titel des Stücks in der letzten Zeile führt und einen zwingenden Übergang zurück zum ursprünglichen Tumbao einleitet, und einem ersten Coro, der eine dritte und sehr wirksame Entwicklung des zweiten Abschnitts des Cuerpo darstellt. Die Worte sind identisch mit der letzten Strophe, aber die Musik unterscheidet sich stark und ist äusserst originell.

seremos multimillonarios
no habrá quien pueda decir lo contrario
porque un negocio de sentimientos
sólo es posible si nace por dentro

y si yo tengo lo que a tí te gusta
y tú tienes lo que me conviene
y si ahora nada nos detiene
hagamos un chen
[Audiobeispiel 44]

Der zweite, vollständig gerappte Coro steht in völligem Kontrast zum klassisch gefärbten Piano Tumbao [Audiobeispiel 45] und führt zu einem Bloque und einem von Polledos ungestümen Raps ans Publikum, in dem er den wahrscheinlich berühmtesten gerappten Coro des Albums aufstellt, der zurückkehrt zum humoristischen sozioökonomischen Kommentar von "Pa' Que Se Entere La Habana".

coro 3: y que tú dices
que tú quieres que te pague con tarjeta de qué?
de crédito?
tú estás loca!
eso no te toca!
[Audiobeispiel 46]

Tarjeta de crédito bezieht sich natürlich auf das berüchtigtste Symbol des Kapitalismus, die Kreditkarte, welche, wie alle, die schon dorthin gereist sind, wissen, in Kuba keinerlei Nutzen hat. In einem seiner berühmteren Interviews scherzte Calzado über Kreditkarten, indem er sagte dass er, obwohl er nicht wirklich verstehe, wie sie funktionierten, wild entschlossen sei, eine zu kriegen. Das Interview war Teil eines Artikels von Silvana Paternostro genannt "Die Revolution wird in Stereo stattfinden", der zuerst im New York Times Magazine von 1999 erschien und faszinierend zu lesen ist. Er kann einfach über Google gefunden werden.

Alles in Allem stellt "Hagamos un Chen" eine fantastische letzte Zusammenarbeit zwischen Calzado (Komponist) und Gonzáles (Arrangeur) dar, bevor sie beide kurz nach dem Erscheinen des Albums getrennter Wege gingen. Sogar das Ende des Stücks widerspiegelt die Sorgfalt, mit der dieses Album abgemessen wurde. Ein Babybass-Lick, der aus dem letzten Bloque herausirrt, wird zu einem schrulligen und kreativen Übergang zum bluesigen Synthesizer-Intro des nächsten Stücks, und der Bass setzt dann auf derselben Note ein, auf der er geendet hatte [Audiobeispiel 47].

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¿Qué quieres de mí? (Dany Lozada) [hier klicken für vollständigen Text]

Mit "Qué quieres de mí" darf Lozada endlich eines seiner eigenen Lieder singen, ein Ohrwurm mit starken Blues-Anklängen, der perfekt in den Fluss des Albums passt. Dies ist das zweite in was man die "Beso Ruso de Queso Trilogie" nennen könnte, drei Stücke, die durch eine Vielzahl lyrischer und musikalischer Ideen zusammengeschnürt sind. Sie begann in Lozadas früheren Band "Conexión Salsero" und wurde fortgesetzt, nachdem er Charanga Habanera verliess, mit dem Titelstück auf seinem und Gonzáles' Album "Tanto le Pedí".

Der Text ist vollgepackt mit Mehrdeutigkeiten. Unglücklicherweise haben sogar die Eindeutigkeiten den Kopf eures treuen Autors überstiegen, aber für diejenigen, welche sich daran versuchen wollen, die Geheimnisse dieses Stücks aufzudecken, bieten wir den vollen Text auf Spanisch mit ein paar Hinweisen. Zunächst wäre da "beso ruso" oder "Russenkuss", der sich auf einen zwanglosen Begrüssungskuss bezieht, ausser dass ihn sich die Russen auf die Lippen statt auf die Wange drücken. Zum Zweiten ist es so, dass die Abacuá, eine geheime Stammessekte nur für Männer (nun, ich vermute ein so grosses Geheimnis kann es nun auch wieder nicht sein), ihren Mitgliedern verbietet, Oralsex zu haben (du kannst mit diesem Ausgewählten Leckerbissen von Information anfangen, was du willst). Wir wissen nicht einmal, ob Dany Lozada ein Mitglied der Abacuá ist (da sich doch so geheim ist und so). Zu guter Letzt wurde uns versichert, dass das Stück fast sicher nichts zu tun hat mit Fussfetischismus, also müssen wir wieder von vorne beginnen mit der Interpretation von Zeilen wie "con esos pies tan lindos que tú tienes yo no puedo, mami". Ist dies ein subtiler Verweis auf Fats Wallers "Don't Wantcha Cuz Yo' Feet's Too Big"? Nun gut, das ist es wohl auch nicht. Ich habe absolut keine Ahnung, worum es im Text dieses Stücks geht -- aber ich liebe es, wie er klingt!

Aber auch wenn die Bedeutung von "Qué Quieres de Mí" den meisten Yuma-Zuhörern entgeht, die Tumbaos und die damit magisch ineinander greifenden Contratumbaos sind tief durchdrungen von gutem altem amerikanischem Rhythm 'n' Blues. Nach der Eröffnung durch den Synthesizer mit seinem bluesigen Contratumbao, hör' dir an, wie das Piano hineingleitet und seinen Teil um die Synthesizer-Linie wickelt und dabei etwa fünf sublime Läufe wirft [Audiobeispiel 48]. Diejenigen, welche an einer eher technischen Analyse dieses Stücks interessiert sind, können sich bei unserem Artikel "Clave-Analyse von Tremendo Delirio" bedienen.

Einige Kritiker haben die Cuerpos in der Timba beschuldigt, sich zu nahe am gemeinhin verachteten Genre der Salsa Romantica zu bewegen, aber hier besteht keine solche Gefahr. Lozada ist ein sehr talentierter Komponist, dessen Stil näher bei Juan Luís Guerra oder manchmal gar Don Henley liegt. Nach einem sehr befriedigenden Cuerpo mit jeder Menge Romantica-freien Hooks, führt ein Bloque zu einem bluesdurchsetzten Coro und Lozada bricht aus mit einem unglaublich melodischen Rap (ahora eres tú, la que me pides que te quiera de esta manera pero yo no puedo, nena!"), und dann einer Serie inspirierter Guías. In der Zwischenzeit haben das Klavier und der Synthesizer einen Heidenspass mit ihren funkigen, ineinander verwobenen Tumbaos [Audiobeispiel 49].

end of cuerpo: yo te puedo jurar que jamás te daría ese beso
para no caer en esto
no, no
así no puedo seguir en eso
lo confieso, qué va!

coro 2: después de pedirte tantos besos
hoy eres tú la que pides eso

Lozada: ahora eres tú, la que me pides
que te quiera de esta manera
pero yo no puedo, nena!

coro 2: después de pedirte tantos besos
hoy eres tú la que pides eso

Lozada: me pides
que ahora te entregue mi amor
y yo no puedo caer en eso...qué va!

coro 2: después de pedirte tantos besos
hoy eres tú la que pides eso

Lozada: tú no sabes lo que estás pidiendo, nena
por favor cambia ya ese tema

Während der irre Text zu "besos de queso" übergeht, führt das Piano einen Ohrwurm von Blues-Tumbao ein, das von zukünftigen Generationen von Pianisten oft kopiert werden würde, und das ganze führt zu einem grossartigen Bloque [Audiobeispiel 50].

Wir können dieses Stück nicht verlassen, ohne die Mambo hervorzuheben, die eine der majestätischen Synthesizersequenzen aufweist, bei denen CH bahnbrechend waren und die sie, auch auf dem neusten Album, mit grosser Wirkung weiter einsetzen [Audiobeispiel 51].

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El coleccionista (Rodolfo Cárdenas) [hier klicken für vollständigen Text]

Rodolfo Cárdenas hat eine Reihe von Stücken für Los Van Van geschrieben, einschliesslich eines ihrer grössten Hits aller Zeiten, "Que le den Candela". Er schrieb auch die Fortsetzung, "La Protesta de las Gallinas" und "La Shopimaníaca". Seine Songs sind bekannt für ihre humorvollen Texte und "El Coleccionista" ist keine Ausnahme ("mi hobby son las mujeres"). Es ist ein perfektes Vehikel für Sombrilla, einen Meister des "Comic Timing" und der Stimmflexion, der auf dem vorangegangenen Album ein Stück mit ähnlicher Aussage gesungen hatte, "A Mí Me Gustan Todas", auf welches er sich bezieht, wenn er sagt "oye, la verdad te la dije en el disco anterior".

Die Eröffnung ist vollgepackt mit faszinierender Musik. Ein rhythmisch verschobenes Piano Tumbao wird begleitet von einer weiteren dieser symphonischen Bass/Synthesizer-Phrasen, dann erfolgt eine Vorschau auf einen gerappten Coro später im Stück, die in einen Bloque führt, der einen Augenblick lang so klingt, als ob er in ein Jazz/Swing-Gefühl übergehen würde [Audiobeispiel 52]. Das Bläser-Intro ist voll von interessanter Stimmhaftigkeit und endet mit einem Abschnitt, der wie etwas aus der Titelmelodie einer alten amerikanischen Fernsehshow klingt, obwohl ich mir den jugendlichen Calzado nicht so recht vorstellen kann, wie er sich Wiederholungen von "I Love Lucy" und "Bewitched" ansieht [Audiobeispiel 53].

Der Cuerpo ist ein durch viele Breaks und Fills erweiterter Ohrwurm und der Übergang zum ersten Coro bringt ein grossartiges Piano Tumbao mit einem erweiterten Bloque [Audiobeispiel 54].

Eines der grandiosen Dinge bei diesem Album ist, dass es keine Füller enthält. In jeder Ecke ist irgendeine seltsame und wundervolle kreative Perle versteckt. Hör' dir das nächste Beispiel an [Audiobeispiel 55]. Es ist eine meisterhafte Mischung aus Synthesizer, Coro, Bläsern und Trommelwirbeln, aber höre auf den Synthesizer gegen Ende, als der Coro "no hay quien me aguante, y yo te digo que soy aplastante" singt. Was ist das? Es hört sich wie eine Art Kreuzung zwischen einem veränderten Jazzakkord und entweder einer Lokomotivpfeife oder einem Nebelhorn an. Es ist jenseits, aber es klingt so cool. Du kriegst das Gefühl, dass die Gruppe während diesen Sessions eine Art goldenes Händchen hatte und jedes schräge Ding, das sie versuchten, auf magische weise klappte.

Zu guter Letzt weist dieses Stück, wie "Para el Llanto" und "Yo Soy Como Soy", einen der aufregendsten Abschlüsse von Charanga Habanera auf [Audiobeispiel 56].

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Experto en amores (David Calzado/Alejandro y Rember) ) [hier klicken für vollständigen Text]

Diesmal ist es Lozada in seiner melodischsten Form, der ein Stück desselben Komponistenteams singt, das auch "Un Disparo en la Mirada" schrieb. Das Ende des Cuerpo und der Abschnitt, der in den ersten Coro leitet, sind besonders inspiriert. In der Musik von Charanga Habanera ist das Klavier mehr ein melodisches als ein Akkordinstrument geworden -- hör' dir an, wie es sich durch den Abschnitt windet und in jeder Lücke Hooks fallen lässt [Audiobeispiel 57].

Der erste Satz von Guías überquillt vor Melodie. Ein Teil des Zaubers wird ermöglicht durch die Tatsache, dass die Guías und der Coro über unterschiedliche Akkordfolgen gesungen werden; die Tonalität ändert in Moll und verleiht jedem von Lozadas Einsätzen zusätzliche Schärfe [Audiobeispiel 58]. Beachte auch die Reverenz an Issac und Piloto mit einem Zitat aus "El Profesor del Décimo Grado".

Wie bei den meisten Stücken werden auch hier die Coros mehr und mehr gerappt, aber der letzte kehrt zu einer süssen, dreiteiligen Harmonie zurück. Dieser Coro bietet einen weiteren interessanten Verweis auf Manolín. Manolín schrieb vier Stücke für Charanga Habanera, einschliesslich "Charanguéate", welches auf diesem Album zu finden ist und "Te Voy a Liquidar", auf das in "Lola" zweimal Bezug genommen wird. Im Falle von "Experto en Amores" bezieht sich die Referenz auf eines der bekanntesten Stücke, die Manolín selbst aufgenommen hat, "Somos lo que Hay". Beide Songs kamen in mehr oder weniger derselben Zeit heraus und ebenso begannen beide Gruppen in derselben Zeitspanne mit gerappten Coros zu experimentieren, daher können wir nicht wirklich sagen, wer wen beeinflusst hat, aber es bestehen viele starke Verbindungen zwischen Charanga Habanera und El Médico de la Salsa. Hier ist ein Ausschnitt aus "Somos Lo Que Hay" [Audiobeispiel 59], und hier ist der letzte Coro aus "Experto en Amores" [Audiobeispiel 60]. Eine weitere Beziehung zwischen den beiden Bands kam im Jahr 2000, als Calzado einen anderen Coro aus "Somos lo que Hay" für die Live-Version von "Riki Ricón" adaptierte.

"Experto" endet auf einem wunderschönen a cappella Coro, und sowohl die Tonart wie auch die Form der Melodie lassen den Übergang in die ersten Klänge des letzten Stücks dieses Albums als natürliche Weiterführung erscheinen [Audiobeispiel 61].

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Usa condón (Dany Lozada/David Calzado) [hier klicken für vollständigen Text]

Die original Charanga Habanera hatte weder eine Vorstellung davon, dass der Auftritt im August 1997 auf dem Malecón ihr letztes Konzert, noch dass "Tremendo Delirio" ihr letztes Album sein würde, aber das ihnen eigene dramatische Timing sorgte in beiden Fällen für ein sensationelles Finale. Sie flogen per Helikopter am La Piragua zu einem Meer schreiender Fans und Fernsehkameras ein, und sie beendeten ihren Lauf von vier Alben mit einem nicht minder spektakulären Tusch. "Usa Condón ist die grosse Abrechnung, der letzte Höhepunkt sowohl des Albums wie auch der ursprünglichen Charanga Habanera und es liefert diesen Höhepunkt mit einer alles verschlingenden Macht ab. Es ist eine gewisse Symmetrie auszumachen im Fluss der letzten beiden Alben. Das dritte beginnt mit "Nube Pasajera" und dieses hier endet mit dem einen Stück, das kraftvoll genug ist, ihm die Waage zu halten. Sogar nach hundertmaligem Hören, kann ich mir keines von beiden anhören, ohne den unglaublichsten, Herzklopfen verursachenden Adrenalinschub zu spüren -- vollkommen jenseits der beschreibenden Möglichkeiten sowohl des gedruckten wie auch des gesprochenen Wortes, in beiden Sprachen.

Ironischerweise begann "Usa Condón" seine Existenz als obligatorisches als öffentliche Ankündigung, um Kubas Jugend über die Gefahren von AIDS und die Vorzüge von Safer Sex aufzuklären. Aber aus irgendeinem Grunde inspirierte dieses uncoole, aber lebensbedrohlich wichtige Thema, wie es auch mit Azúcar Negras kraftvollem Arrangement von "Almas Disfrazadas" geschah, die Schöpfung eines spektakulären Musikstücks. "Usa Condón" ist ein Meisterwerk des Präzisionsarrangements. Seine vier Minuten und sieben Sekunden enthalten nicht einen verschwendeten Ton -- jeder Klang, der von den vierzehn Musikern erzeugt wird, ist unverzichtbar. Jeder Abschnitt liefert seinen emotionalen K.O.-Schlag und bereitet dann, prägnant und dramatisch, den Weg für den darauf folgenden.

Wie bei "Nube Pasajera" ist auch hier das einführende Tumbao so ungewöhnlich und verführerisch, dass es möglich ist, es vollkommen verkehrt zu hören und trotzdem davon hypnotisiert zu sein. Versuche mal, mit der Einleitung zu tanzen oder zählen und achte dich darauf, ob du an der richtigen Stelle ankommst, wenn der Coro einsetzt [Audiobeispiel 62]. Am Schluss unseres Artikels zur Analyse der Clave steht ein besonderer Abschnitt mit Notenschrift und Audiobeispielen, um dies zu erklären.

Der Übergang zum Bläser-Intro ist harmonisch besonders raffiniert. Die Coristas sangen "ah, me tienes sin cuidado" in einer dreiteiligen Harmonisierung, die gegen die F#-Mollbegleitung stark Moll klingen. Um zu dem relativen Dur des A zu kommen, entfernt Calzado einfach alles ausser den Stimmen, und ohne das F# im Bass klingen sie plötzlich, als ob sie zu Dur moduliert hätten, obwohl sie keine Note geändert haben! Es handelt sich um eine subtile, aber ausgeklügelte Nuance [Audiobeispiel 62b]. Ein anderes hübsches Element ist die Art, wie die Band aussteigt, so wie sie begonnen hatte, auf dem klassischen Timba Backbeat-Muster der Fusstrommel.

Lozada und Calzados 40 Sekunden langer Cuerpo weist eine prägnante und anmutige Melodie und mehrere Akkord-Hooks auf, aber das dominierende Merkmal ist ein energischer Bloque am Anfang der zweiten Strophe. Lozada (und die Güiro, Bongó und Congas) fahren fort, als ob alles normal wäre, während der Bass, die Bläser, das Keyboard und die Timbales einen leidenschaftlichen "3 gegen 4" Cross Rhythm spielen, zwischen langen und kurzen Abschnitten wechseln und die Pentatonische Tonleiter aufsteigen bis zu einem berauschenden Trompeten-Triller am oberen Ende. Einige Zeilen später verwandelt sich Lozadas Stimme sanft und drängend von Gesang zu Sprache mit "de esta manera, mamí" und das eröffnende Tumbao kehrt mit Getöse zurück. Wie die Auflösung eines Agatha-Christie-Romans werden die rhythmischen Mysterien der Eröffnung plötzlich und dramatisch enthüllt, als die eindrucksvollen Rumba-Clave-Akzente des Piano Tumbao hervorspringen und den Rhythmus voranpeitschen [Audiobeispiel 63].

Lozada rappt seine Botschaft über vier Zyklen, und dann signalisiert ein funkiger Lola-esker Bloque einen Wechsel in der Tumbao, und er kehrt zurück zur Melodie [Audiobeispiel 64].

Der Coro wechselt hinter den Bläsern und wird zu einer Passage, die den Beatles in ihren besten Zeiten würdig wäre -- der Synthesizer und Bass spielen, in massiven Dezimen wie eine riesige Pfeifenorgel, eine epische absteigende Tonleiter, die klingt wie eine Kreuzung zwischen dem Kinderklavierlied "Heart and Soul" und einer tobenden Schostakowitsch-Symphonie, die seit seinen Tagen in den Konservatorien russischer Prägung in Calzados Unterbewusstsein geschlummert hat. Darüber hinweg reitet nun Lozada, in voller Predigt, und er findet die rasiermesserscharfe Kante zwischen Sprache und Melodie und dehnt sie bis zur Bruchstelle in beide Richtungen, mit den Bläsern und Coristas, die einspringen, wann immer er Atem holen muss [Audiobeispiel 65].

Lozada: bueno, mi vida
si te tiene sin cuidado
no te vayas a creer
que a mí también
-metales-
coro: me tiene sin cuidado
Lozada: oye
coro: cuídate, cuídate, usa condón

Lozada: úsalo mamita, úsalo mi amor
usa ese condon y tu veras qué vacilón
-metales-
coro: me tiene sin cuidado
cuídate, cuídate, usa condón

[Audiobeispiel 65]

Der Fluss der Kreativität lässt nicht nach. Während die Band ausklingen lässt und Lozada und Lazaga in den Vordergrund stellt, um den nächsten Coro einzuleiten, wechselt das Piano zu seinem dritten Tumbao, mit einem absteigenden Dreiton-Hook, der zwischen der Moll- und der Bluestonleiter wechselt -- die Bluesnote scheint immer im perfekten Moment durch die anderen Stellen zu springen. Die Coristas kommen jetzt an die Front, und sie haben sich für zuletzt einige der stärksten gerappten Coros des Albums aufgehoben. Die synkopierten Rhythmen des Raps werden zu ureigenen Hooks.

coro 3: ¿por qué no?
hagamos el amor
un momentico ahí
enseñame un condón
ah, no, juh!
se te quedó
¿quién te mandó?

und sein Rhythmusmuster:

XXXo|oooo|XXXX|oXoX
oooX|XXXX|Xooo|oXXX
XXXo|oooX|XXXX|Xooo
oXXo|oooX|oooo|oXXX
Xooo|oXXX|XooX|oXoX

[Audiobeispiel 66]

In der letzten Wiederholung wird die letzte Zeile durch den Übergang in einen noch stärkeren Coro abgeschnitten, während die Rhythmussektion einen Zahn zulegt, indem sie die Pickup-Noten in einen die Eingeweide umdrehenden Bloque verwandeln.

coro 4: si se te quedó
cómpralo, búscalo, consíguelo
pa que no se te olvide
que eso
es
es pa' que tú te cuides

und sein suchtgefährdend feuriges Rhythmusmuster:

XXXo|oooX|oXoX|oXoX
oXoX|XooX|oXXo|oooX
XXXo|oXXX|XXoX|oXoX
XoXo|oooX|oooo|oXXX
XXXo|XooX|oXoX|oXoX

[Audiobeispiel 67]

Als nächster in dieser Serie zeitlich perfekt abgefasster Höhepunkte wandeln die Bläser nun die Offbeat-Pickups in einen der einfachsten aber effektivsten Mambos der Timba, welcher seinerseits seinen Höhepunkt erreicht, als die Leadtrompete ein fast unmöglich hohes Konzert-A herauspresst und dann beenden die Coristas das Album so, wie sie es begonnen hatten, a cappella, mit dem einzelnen Wort "es".

[Audiobeispiel 68]

cuban music, musica cubana
Victor "Vitico" Segarra, conguero

Wie so viele von Issac Delgados Klassikern führte "Usa Condón" ein Eigenleben in Konzerten und gewann so viele neue Coros dazu. 

"Tremendo Delirio" markierte das Ende der Ära der original La Charanga Habanera, aber anders als die Auflösung der grossen Rock-Supergruppen erlaubte die Quelle junger Talente in Havanna den Hauptakteuren, drei grossartige neue Bands zu gründen, die alle bedeutend zu der Geschichte der Timba beigetragen haben. Sei gefasst auf unsere kommenden Artikel über die neue Charanga Habanera, Charanga Forever und Lozadas und Gonzáles' Band, "Dany Lozada y su Timba Cubana".

Audiobeispiele:
Alle Audiobeispiele (und Bilder) sind aus "Tremendo Delirio" von Charanga Habanera auf Magic Music Records, ausser:

Audiobeispiel 2 ist aus "De akí a Ketama" von Ketama auf Mercury Records
Audiobeispiel 28 ist aus "Love Fever" von Charanga Habanera auf Milan Latino Records
Audiobeispiel 35 ist aus "Talking Book" von Stevie Wonder auf Motown Records
Audiobeispiel 36 ist aus "Innvervisions" von Stevie Wonder auf Tamla Records
Audiobeispiel 42 ist aus "Genesis" von Genesis auf Atlantic Records
Audiobeispiel 59 ist aus "De Buena Fe" von Manolín auf Metro Blue Records

Danksagungen: Keiner dieser Artikel wäre möglich ohne die unermüdliche Hilfe von Majela Serrano von Havana Open und Marcos Morales (früherer Soundman von Charanga Habanera). Ebenso speziellen Dank an César Díaz, Joanna Goldberg, Alexey Berlind, Ariana Reguant-Hernández, Manfred Mirsch, Rebeca Mauleón-Santana, and Curtis Lanoue.

Danksagung des Übersetzers: Ich möchte an dieser Stelle Kevin Moore danken, dass er mir mit seinen aufschlussreichen sowie flüssig und spannend geschriebenen Artikeln die Ohren für die Pracht der kubanischen Timba geöffnet hat. Mit dieser Übersetzungsarbeit möchte ich ihm meine Begeisterung ein Stück weit verdanken. Ebenso danke ich Bruce Ishikawa, dass er Timba.com möglich gemacht hat.

Tuesday, 22 March 2011, 07:31 PM